Chorreise nach La Rioja - Konzert Kloster Yuso - Frühlig 2013
An der Wiege des Spanischen

Mittwoch, 5. Juli 2017

Im Frühling 2013 hatte unser SEELE-Chor das Glück, zwei der schönsten

Liebhabereien, die man ausüben kann, miteinander zu verbinden:  das Singen und das Reisen. Reiseziel war La Rioja und dort speziell das einzigartige und altehrwürdige

Kloster Yuso. Dort hatte unsere tüchtige Chorkameradin Rosario Pallás, immer im Einsatz für den Chor, ein Konzert organisiert.

 

Ausgerüstet mit Partituren, Keyboard, Notenständern, Speise und Trank sowie Koffern - naja ...  einige auch ohne diesen! – machten wir uns auf den Weg. Und obwohl es doch schon April war, begleitete uns Schnee auf unserem Weg.

 

Eigentlich sind Busreisen lang und unbequem, sie haben aber einen gewissen Charme, wenn man sie mit einer Gruppe unternimmt und geben uns Gelegenheit, uns wie Schüler, die wir einmal waren, aufzuführen: Schwätzchen halten, Witze erzählen, Singen -  ein vergnügtes Durcheinander halt! Mir selbst wurde die Reise nicht lang, da ich die Aufgabe hatte, uns zu „zählen“ und als ich das schlussendlich geschafft hatte, waren wir bereits in Zaragoza.

 

Nach Bewältigung der bewährten Rotunden empfing uns Haro - die Nacht war schon hereingebrochen - mit großer Kälte. Wir belegten das Hotel Luz komplett, es wurde ein Zuhause für uns. Die Cafetería haben wir gern und oft besucht und der Probensaal war so toll groß, dass er uns ein überaus vergnügliches Warmsingen erlaubte, Tanzen und Polonaisen eingeschlossen.

 

Am Samstag nach der Probe besuchten wir Santo Domingo de la Calzada. Es wurde von dem heiligen Domingo als Herberge und Spital gegründet, um den Pilgern den Weg nach Santiago de Compostela zu erleichtern. Wir besuchten die prächtige und gut instand gehaltene Kathedrale. Sie ist die einzige, die in ihrem Innern einen Hühnerkäfig bewahrt zu Ehren der vielen Wunder, die diesem Heiligen zugeschrieben werden.

Wieder zu Kräften gekommen nach dem Besuch verschiedener Bars und Gasthäuser, besuchten wir nachmittags Briones, einen kleinen Ort ganz nah‘ bei Haro, den man uns wegen seines Weinmuseums  (Kellerei „Bodegas Dinastía Vivanco“) empfohlen hatte. Einige von uns  zogen vor, das Städtchen anzusehen, das ebenfalls Schätze aufzuweisen hat, wie z.B. die Kirche, die Apotheke und Herrenhäuser mit ihren Wappenschildern und Toren.

 

Das Museum war wirklich eine Überraschung, denn es widmet sich allen Themen, die mit dem Wein zusammenhängen, auf sehr lehrreiche Art. Wir wurden informiert über die verschiedenen geeigneten Terrains zum Anbau, über Rebsorten und auch deren Schädlinge, wir sahen enorme Traubenpressen,  Tonnen,  Fässer und dazu verschiedenes Zubehör wie Glasbehälter, Korken und Korkenzieher, etc. Dazu konnten wir Kunstwerke betrachten, inspiriert vom Thema Wein und Reben, in mannigfaltigen Formen festgehalten.

 

 

Der Blick vom Ausgang des Museums aus wird uns immer in Erinnerung bleiben: hinter den Weinbergen erhob sich die Silhouette von Briones, das erste Mal auf dieser Reise zeigte sich die Sonne, zögernd  und spätnachmittäglich unter bleigrauem Himmel. Unvergesslich!

 

Erschöpft von so vielen Eindrücken und so geringer Aufnahme an Flüssigkeit, erstürmten wir Haro und seine berühmte „Herradura“- Straße, und es gab dann

wohl keine Bar dort, in der nicht das eine oder andere SEELE-Mitglied Wein und Tapas hoch leben ließ. Danach, nun wirklich ganz erschöpft, aber erquickt von gutem Essen und Trinken, gingen wir zu Bett, denn am nächsten Tag erwartete uns unser Auftritt.

 

Am Sonntag besuchten wir San Millán de la Cogolla, einen  kleinen und versteckten Ort zu dem zwei Kloster gehören: Yuso und Suso. Beide sind Weltkulturerbe, geschichtsträchtig, Hort geistigen und geistlichen Lebens und der Geschichte der Reconquista [Anmerkung: Wiedereroberung Spaniens von den Mauren] bevökert von Legenden, wie der von den Infanten von Lara [Romanze], von Heiligen, wie z.B. dem, der dem Ort seinen Namen gab und Dichtern, wie Gonzalo de Berceo. Aber es ist auch die Stätte, wo zum ersten Mal ein Dokument [teilweise] auf Spanisch geschrieben wurde, niedergelegt in den berühmten „Glosas Emilianenses“.

 

Dann erwarteten uns bereits die Mitglieder der Stiftung, die Rosario angesprochen hatte um unser Konzert zu organisieren, um uns das Kloster Yuso zu zeigen. Sie begleiteten uns durch die Kreuzgänge und durch die Kirche, auf deren Hauptaltar ein beeindruckendes Gemälde des Heiligen, San Millán, hängt der drohend  sein Schwert schwingt gegen die Ungläubigen - ¡Armer San Millán!

 

Er, der ein Mann des Friedens war und der ausserdem 100 Jahre bevor dieses Land von einem „Ungläubigen“ betreten wurde lebte! [Anmerkung: gemeint ist die Eroberung Spaniens, beginnend 711 n.Chr. durch die Araber,  die verallgemeinernd „el infiel“ genannt wurden].  Wir besuchten ebenfalls die Sakristei und die Bibliothek, wo die alten Chorbücher (große Bücher mit den Partituren für die Chormitglieder) verwahrt werden. Ein Glück, dass wir jetzt unsere Partituren auf leichten Blättern aus Papier haben. Ich möchtre mir nicht vorstellen wie schwer es uns würde, solch ein Notenbuch zusammen mit dem enormen Notenständer  zu einem Konzert schleppen zu müssen.

Danach sangen wir,  vor dem Hauptaltar des Monasteriums - warm angezogen - unser Repertoire an Kirchenliedern. Die Leute aus dem Städtchen fragten sich: wo sind denn die Deutschen? Ist dies nicht ein Chor mit Ausländern? Nun ja .... wenigstens zwei hatten wir dabei: unseren Chorleiter und Sabine! Später, draussen vor der Kirche, haben wir dann ein weiteres Programm vorgetragen mit weltlichen Liedern. Offensichtlich zur Zufriedenheit unserer Zuhörer und Fans.

 

Später gab es Mittagessen mit den berühmten „ Kartoffeln à la riojana“ und zum Nachtisch, zum Erstaunen der anderen, wenigen „Nicht-Seele“ Gäste im Restaurant, noch ein vergnügtes Singen. Nach dem Essen und in zeitlich streng aufgeteilten 25er-Gruppen - mit Rücksicht auf den Erhalt dieses zweiten kleineren Klosters, weiter oben in den Bergen - besichtigten wir Suso, im fünften Jahrhundert n. Chr. gegründet, als sich San Millán, ein Eremit mit dem Ruf ein Heiliger zu sein,  an diesen einsamen Ort zurückzog und sich um ihn eine kleine Gemeinschaft von Mönchen und Nonnen scharte: Ursprung des späteren Monasteriums von Yuso, weiter unten im Tal errichtet. Beide Klöster sehen zurück auf 14 Jahrhunderte monastischen Lebens. Es ist wirklich bewegend zu beobachten, wie eine so begrenzte Stätte so viel Geschichte und Schönheit in sich vereint.



 















     Vor der Abreise machte jemand ein wunderschönes Foto von uns allen, rundherum grüne Natur und hinter uns die schneebedeckten Berge der „Sierra de la Demanda“.

 

Am Montag, Tag unserer Rückreise, hatten wir noch Zeit für einen Besuch  bei „López de Heredia, Viña Tondonia“. Unsere Führerin, ehemalige Schülerin der DS Bilbao, zeigte uns diese jahrhundertealte Kellerei, wo Tradition nicht nur ein Wort mehr für’s  Etikett ist, sondern wo sich alles darum dreht.

 

Dort werden weiterhin die alten Handwerkskünste gepflegt, selbst die eigenen Weinberge angebaut und die Reben per Hand gepflückt. Wir sahen hundertjährige Gärbottiche, die von eigenen Küfer- und Böttchermeister repariert oder ersetzt werden. Selbst die Spinnweben werden in gutem Zustand gehalten, da sie helfen, die richtige Luftfeuchtigkeit zu schaffen, wenn der Wein in den Holzfässern reift; und die ausserdem die Korkmotten in Schach halten, wenn der Wein später in den Flaschen altert, um so immer den gleichen großartigen Wein zu gewinnen, den diese Familie seit 1883 herstellt. Ich glaube, wir gingen alle begeistert von dort weg.

 

 

Die Rückreise verbrachten wir mit Singen, Ansprachen und  Gelächter. Als wir uns von unserem Fahrer verabschiedeten meinte dieser: „Ich habe ja schon viele Leute auf Reisen gefahren und alle sind vergnügt wenn es los geht. Aber wirklich selten ist es, dass alle so zufrieden zurückfahren wie Sie. Mit Ihnen zu reisen war mir ein  Vergnügen!“  Das war es auch mir.

 

 

Verfasserin:   Isabel Ana Gómez

Übersetzung: Helga Jost